Toxische Beziehungen

Toxische Beziehungen

Eine unglückliche Partnerschaft sorgt eher für Leid als für Freud‘. Lesen Sie hier, woran Sie eine solche Schieflage erkennen und was Sie dagegen tun können!

Drückt man es wissenschaftlich aus, so ist Liebe nichts anderes als ein hormoneller Ausnahmezustand. Sie ist eine Gefühlsregung, in der eine Person einer anderen eine innige Zuneigung entgegenbringt. Wird die Liebe jedoch von Vorwürfen und Erniedrigungen überschattet, so lässt sie sich als „toxisch“ bezeichnen. Im Folgenden erfahren Sie, woran man eine toxische Beziehung erkennt. Sie lesen außerdem, was sie mit den Menschen macht und wie man ihr begegnet.

Das britische Oxford Dictionary wählte vor ein paar Jahren „toxisch“ zum Wort des Jahres. Der bis dahin eher wenig bekannte Begriff hielt immer öfter Einzug in den wissenschaftlichen Diskurs, aber auch ins Alltagsleben. Inzwischen wird er von Jahr zu Jahr öfter nachgeschlagen und auch verwendet. Selbst in Bezug auf eine Beziehung ist dieser Terminus immer öfter in Gebrauch. Das Wort „toxisch“ heißt so viel wie „giftig“ oder „schädlich“ – und auch Partnerschaften können toxisch, also giftig sein.

Der Begriff der „toxischen Beziehung“ ist wissenschaftlich nicht klar definiert. Therapeuten bezeichnen damit vor allem Partnerschaften, die durch unterschiedliche Formen der Gewalt gekennzeichnet sind. Die Ausprägung dieser Gewalt kann von subtil bis hin zu extrem reichen. Sie beginnen mit einem emotionalen Missbrauch durch unterschiedliche Formen der Manipulation bis zu Misshandlungen durch körperliche Gewalt.

Unterschiedliche Erscheinungsformen

Eine toxische Beziehung kann viele unterschiedliche Erscheinungsformen haben. Nicht all diese Partnerschaften verlaufen gleich, obwohl sie oft ähnliche Symptome aufweisen. In der Regel weist eine toxische Beziehung einen überdurchschnittlich bindungsorientierten Partner auf, der sich Nähe und Geborgenheit sehnsüchtig wünscht. Sein Gegenüber ist gewöhnlich ein besonders bindungsängstlicher Partner, der sich immer wieder vom anderen distanziert.

Das permanente Ungleichgewicht von Nähe und Distanz sowie von Geben und Nehmen weist ein ganz typisches Verhaltensmuster auf. Dieses führt wiederum zu häufigen Konflikten und einem gewissen Dauerstress. Und diese Ausprägungen wirken sich negativ auf die psychische und physische Gesundheit beider Partner aus.

Dass eine toxische Beziehung nicht gesund ist, liegt auf der Hand. Die „giftige Partnerschaft“ ist schließlich eine dysfunktionale Beziehung zwischen einem abhängigen und einem mauernden Partner. Ersterer ist fast süchtig nach Liebe, Zuneigung und Anerkennung und entwickelt ein geradezu zwanghaftes Verhältnis zur Partnerschaft. Um seine Bedürfnisse zu befriedigen, scheut er weder vor Manipulationen noch vor anderen destruktiven Verhaltensweisen zurück.

Die häufigsten Ursachen

In praktisch jeder Partnerschaft gibt es einen Wechsel von Nähe und Distanz. In intakten, einigermaßen harmonischen Beziehungen besprechen die Partner das aber und finden eine Lösung. Sie vermeiden emotionale Kränkungen und seelische Schmerzen, indem sie regelmäßig auf Augenhöhe kommunizieren. In toxischen Beziehungen ist das Gesprächsklima hingegen von verbaler Gewalt geprägt.

So gut wie alle Beziehungen fangen mit einer symbiotischen Phase an. In dieser Zeit sorgt eine innige Verbundenheit für jede Menge Nähe. Leider geht dieser intensive Abschnitt nach ein paar Wochen wieder zu Ende. Langsam, aber sicher hält der graue Alltag Einzug und die Partner fangen an, sich gegeneinander abzugrenzen. Das geschieht in einem gesunden Maß, das die individuelle Freiheit sichert, ohne die Liebe zwischen ihnen zu beeinträchtigen.

In einer toxischen Beziehung kommt ein Partner mit dieser natürlichen Abgrenzung nicht zurecht. Stattdessen entwickelt er eine Abhängigkeit, in der er die eigenen Bedürfnisse jenen seines Partners unterordnet. Nicht selten hat dieses Verhalten seinen Ursprung in einem zu geringen Selbstwertgefühl.

Besondere Anfälligkeit

Menschen, die in ihrer Kindheit zu wenig Zuwendung erfahren haben, entwickeln ein geringes Selbstwertgefühl. Diese Personen sind besonders anfällig für toxische Beziehungen. Treffen sie auf jemanden mit einem vermeidenden Bindungsverhalten, so erleben sie dessen Rückzug und Freiheitsdrang als Zurückweisung.

Menschen, die sich gerade in einer privaten oder beruflichen Krise befinden, sind ebenfalls stärker betroffen. Diese Leute fühlen sich einsam und haben große Angst vor dem Alleinsein. So tendieren sie dazu, ihre Bedürfnisse hintanzustellen und sich aufzuopfern, um ihr Gegenüber stärker an sich zu binden.

Der Psychologe bezeichnet dieses Abhängigkeitsverhalten auch als eine „traumatische Bindung“. Dabei entwickelt der Täter ein rigides System von Strafe und Belohnung – je nachdem, wie sich sein Gegenüber verhält. Erwünschtes Verhalten wird mit Zuneigung belohnt, unerwünschtes Verhalten durch Ablehnung bestraft. Das sorgt beim anderen allerdings für ein Gefühlschaos, bei dem das Glückshormon Dopamin mit den Stresshormonen Adrenalin und Cortisol wetteifert.

Psychische und physische Folgen

Toxische Beziehungen können auch auf andere Weise Stress auslösen. So kann es sein, dass der Partner übertriebene Ansprüche stellt und sich unentwegt beschwert. Es kommt auch vor, dass er sein Gegenüber ständig kritisiert und abwertet. Die so entstehende Unausgeglichenheit hat bei den Betroffenen sowohl seelische als auch körperliche Auswirkungen. Ein häufiges Symptom der toxischen Partnerschaft ist ein permanentes Gefühl von Müdigkeit und Erschöpfung. Viele Betroffene berichten, die toxische Beziehung sauge ihnen die Energie aus.

Kommen dann auch noch Scham, Hilflosigkeit und die Angst vor dem Alleinsein hinzu, so verstärken diese Gefühle die Antriebslosigkeit. Nicht selten lösen sie sogar Depressionen aus. Diese Emotionen gehen wiederum Hand in Hand mit körperlichen Symptomen wie Schlaflosigkeit, Essstörungen, aber auch somatische Beschwerden. Eine toxische Beziehung kann sogar Autoimmunerkrankungen wie Gliederschmerzen, Hautausschläge oder Entzündungen auslösen. Dabei ist die Mehrzahl der Betroffenen organisch völlig gesund!

Mögliche Auswege

Wie kommt man also aus diesem Teufelskreis heraus? Dazu ist es unerlässlich, dass beide Partner an sich und an ihrer Beziehung arbeiten wollen. Und natürlich müssen sie auch bereit sein, den Worten Taten folgen zu lassen. Am besten fangen sie damit an, sich zu fragen, was nicht funktioniert und was sie verändern möchten. Sie sollten zusammenfassen, was Sie bisher schon versucht haben und sich die Frage stellen, warum es nicht geklappt hat.

Anschließend müssen sie sich vorstellen, wie eine harmonische Beziehung zwischen ihnen aussehen könnte. Dazu müssen sie auch einberechnen, was jeder von ihnen verändern müsste. Sie sollten sich bemühen, ihre Ziele möglichst positiv und erstrebenswert darzustellen. Den Terminus „toxischer Partner“ sollten sie unterlassen, da er abwertend für den anderen ist. Es funktioniert viel besser, wenn die Partner einander auf Augenhöhe begegnen.

Ist einer der beiden Partner nicht gewillt, sich selbst und die Beziehung zu verändern, dann helfen die eben genannten Tipps natürlich nicht. Besteht zu wenig Bereitschaft, an der Partnerschaft zu arbeiten, so wird diese auch nicht mehr zu retten sein. In diesem Fall ist eine Trennung vermutlich der beste Weg, damit sich die Abhängigkeit nicht noch verstärkt …